Verkehrsrecht – Trifft den Auffahrenden immer die Schuld?

Verkehrsrecht – Trifft den Auffahrenden immer die Schuld?

Viele sind der Meinung, dass der Auffahrende immer die volle Schuld trägt.

Dies stimmt nicht immer.

In Deutschland kommt es bei Verkehrsunfällen sehr häufig vor, dass eine Haftungsquote festgelegt wird.

Dies ist dann der Fall, wenn den am Unfall beteiligten Personen jeweils ein Verstoß gegen gesetzlich geregelte Pflichten zur Last gelegt werden kann.

Dann wird je nach der Schwere des gesetzlichen Verstoßes eine Quotelung der Haftung vorgenommen. 

Dies ist auch der Fall, wenn nicht sicher festgestellt werden kann wie sich der Unfall ereignet hat, es zwei potentielle Möglichkeiten gibt und zwei am Unfall beteiligte Fahrzeugführer jeweils das Gegenteil behaupten. 

In einem solchen Fall kommt es dann häufig zu einer Haftungsteilung. 

Insbesondere bei Auffahrunfällen gibt es einen sogenannten Beweis des ersten Anscheins, dass der, der dem Vordermann aufgefahren ist einen zu geringen Sicherheitsabstand hatte, zu schnell war oder unaufmerksam gewesen ist.

Gemäß § 4 Abs.1 Satz 1 StVO muss der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug so groß sein, dass auch bei plötzlichem Bremsen des Vordermanns hinter diesem gehalten werden kann.

Jedoch darf der Vorausfahrende gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen.

Der Beweis des ersten Anscheins kann durch Vortrag eines atypischen Geschehensablaufes erschüttert werden.

Dazu ist ein Vortrag von anderen Tatsachen, also der Vortrag, dass sich der Unfall anders ereignet hat und der Beweis oder die Unstreitigkeit von diesen Tatsachen erforderlich.

Wenn also der Vordermann zum Beispiel grundlos bremst oder bei einem Automatikfahrzeug in der Annahme die Kupplung zu drücken, das Bremspedal vollständig durchdrückt, einen Spurwechsel in der Weise vollzieht, dass das nachfolgende Fahrzeug keinerlei Möglichkeit hat noch rechtzeitig bremsen zu können und dies nachgewiesen werde kann, so liegt ein atypischer Geschehensablauf vor, was zu einer vollständigen Haftung des Vordermanns führen kann.