In meiner täglichen Praxis muss ich mich häufig mit der Frage auseinandersetzen „Was ist bedarfsgerechte Fütterung bezüglich der Heu Menge?“
Auf der einen Seite stehen die Stallbesitzer und Stallbetreiber, die häufig aus Kostengründen oder personellem Engpass den, bei Ihnen eingestellten, Pensionspferden nur zwei Mal am Tag Heu füttern.
Auf der anderen Seite stehen die Pferdebesitzer, die ihr Pferd, bei den Stallbesitzern oder Stallbetreibern in Obhut geben und ihr Pferd auch hinsichtlich der Heufütterung gut versorgt wissen möchten.
Hier kommt es zu kontroversen Meinungen der Stallbesitzern auf der einen und den Pferdebesitzern auf der anderen Seite.
Schauen wir uns einmal an, wie dies rechtlich zu beurteilen ist.
Meist ist der Stallbesitzer vertraglich zu einer „bedarfsgerechten Fütterung“ verpflichtet. Dies ist natürlich sehr weit gefasst. Weshalb wir rechtlich etwas tiefer graben müssen…
§ 2 Nr. 1 TierSchG besagt, dass wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat (also folglich der Stallbesitzer/-betreiber), dieses Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen muss.
Leider ist dies immer noch sehr weit gefasst.
Daher bedarf dies weiterer Konkretisierung.
In tierärztlichen Fachartikeln liest man häufig, dass Pferde keine Fresspausen haben sollten, die über 4 Stunden reichen, da dies für das Pferd negative gesundheitliche Folgen haben kann, wie insbesondere Koliken, Schleimhautentzündungen, Magengeschwüre, Verhaltensauffälligkeiten, Verhaltensstörungen wie Koppen & Weben und viele weitere.
Da für Gerichtsentscheidungen häufig Tierärzte als Sachverständige maßgeblich für die Entscheidung sind, ist es nicht verwunderlich, dass es nun Leitlinien (dazu unten mehr) mit entsprechendem Inhalt gibt und auch die Gerichte diesen Meinungen folgen. So auch das Verwaltungsgericht Regensburg, in seinem Urteil vom 22.01.2019 – RN 4 K 17.306.
Hier ging es insbesondere um den, bereits oben erwähnten, § 2 Nr. 1 TierSchG. Bei dem Stallbesitzer wurde eine Kontrolle durch das Landratsamt durchgeführt. Das Landratsamt hat eine Anordnung erlassen, die den Stallbesitzer insbesondere dazu verpflichtete, sicherzustellen, dass die überprüften Pferde, derart mit Heu oder anderem rohfaserreichem Futter zu versorgen sind, dass die Zeiträume, in denen den Pferden derartiges Futter nicht zur Verfügung steht, vier Stunden nicht überschreitet.
Gegen diese Anordnung hat der Stallbesitzer Klage vor dem Verwaltungsgericht Regensburg erhoben.
Was denkt Ihr, wie diese Klage ausgegangen ist?
Bereits aus den Leitsätzen ist zu entnehmen, dass das Gericht § 2 Nr. 1 TierSchG derart interpretiert, dass Heu oder anderes rohfaserreiches Futter den Pferden so vorzulegen ist, dass Pausen ohne solches Futter vier Stunden nicht überschreitet.
In seinem Urteil bezieht sich das Verwaltungsgericht Regensburg auf die Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und Verbraucherschutz.
In diesen Leitlinien ist unter 2.1.4. geregelt, dass es, zur artgemäßen Ernährung des Pferdes, unerlässlich ist, dem Pferd ausreichen strukturiertes Futter zur Verfügung zu stellen.
Weiter ergibt sich aus den Leitlinien, sowie aus dem Urteil, dass, sofern kein Dauerangebot an rohfaserreichem Futter zur Verfügung gestellt wird, rohfaserreiches Futter mindestens während insgesamt zwölf Stunden täglich anzubieten ist, wobei Fresspausen nicht länger als vier Stunden sein sollten.
Diese Leitlinien wurden vom Gericht als antizipiertes Sachverständigengutachten, also wie ein generelles Gutachten, gewürdigt.
Des Weiteren haben Amtstierärzte in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass der Verdauungsapparat der Pferde auf eine kontinuierliche Aufnahme kleiner Futtermengen ausgelegt sei und es daher art- und bedürfnisgerecht sei, den Pferden über einen möglichst langen Zeitraum rohfaserreiches Futter anzubieten.
Das Gericht hatte schlussendlich keine Zweifel daran, dass es erforderlich ist Fresspausen für Pferde möglichst auf vier Stunden zu begrenzen.
Daher wurde die Klage, die sich gegen die tierschutzrechtliche Anordnung richtete, abgewiesen.
Richtigerweise hat das Gericht angenommen, dass die Interessen und Belastungen des Klägers gegenüber den gewichtigen Belangen des Tierschutzes zurücktreten müssen.
Der Kläger hatte folglich alle Kosten, insbesondere die der Tierschutzkontrollen und des daraufhin eingeleiteten Verwaltungsverfahrens zu tragen.
Würde die tierschutzrechtliche Anordnung vom Stallbesitzer/-betreiber nicht eingehalten werden, kommen Zwangsgelder hinzu und es droht eine Betriebsuntersagung.
Folglich ist jedem Stallbesitzer/-betreiber zu raten, sich an das Tierschutzgesetz, sowie die Leitlinien zu halten. Bezüglich der Heufütterung bedeutet dies letztlich auch, dass eine Heufütterung derart zu erfolgen hat, dass den Pferden täglich mindestens insgesamt zwölf Stunden rohfaserreiches Futter anzubieten ist, wobei Fresspausen von rohfaserreichem Futter nicht länger als vier Stunden dauern sollten.